Z Heilbronnu na Górny Śląsk: między poczuciem domu a budowaniem mostów międzykulturowych

wochenblatt.pl 1 tydzień temu
Zdjęcie: Beate Tur (links) organisierte den Fotowettbewerb (Post)Deutsch. Wiedergewonnen mit Unterstützung von Olga Żmijewska der Stiftung Kunst der Freiheit (i. d. Mitte) und Bogna Piter vom Dokumentations- u


Das Entsendeprogramm des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) unterstützt Organisationen der deutschen Minderheiten in Osteuropa und Zentralasien durch den Einsatz von Kulturmanagerinnen und -managern sowie Redakteurinnen und Redakteuren. Mit ihrem Fachwissen helfen sie nicht nur bei Projekten, sondern auch dabei, ein modernes Deutschland- und Europabild zu vermitteln und die kulturelle Vermittlerrolle der Organisationen zu stärken. Wir sprechen mit den Entsandten über ihre Aufgaben, Ziele und Beweggründe für diese interkulturelle Tätigkeit. Mit Beate Tur sprach Victoria Matuschek.

Wie bist Du eigentlich zum ifa-Entsendeprogramm gekommen und was hat Dich motiviert, als Kulturmanagerin beim Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) tätig zu werden?

Ich habe in Heidelberg Slavistik studiert und meinen Master in Wien im Bereich Osteuropastudien gemacht, was interdisziplinär war. Nach dem Studium war ich auf der Suche nach einem Job und sah die Ausschreibung für das ifa-Entsendeprogramm. Oppeln war für mich als Entsendestelle interessant, da meine Eltern ursprünglich aus der Nähe von Neisse/Nysa kommen. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, habe aber oft meine Oma in der Region besucht. Wir haben auch noch das Haus mit Garten, in dem mein Vater aufgewachsen ist. Durch die Entsendung kann ich privates Interesse mit dem Sammeln von Arbeitserfahrung mit Osteuropabezug verbinden.

Deine Familie kommt also aus der Gegend. Gehört sie auch der deutschen Minderheit an?

Teils, ja. Mein Opa mütterlicherseits war der Grund dafür, dass meine Familie Mitte bis Ende der 80er-Jahre als Spätaussiedler aus Polen nach Deutschland ausgewandert ist. Väterlicherseits hat meine Familie keine Verbindung zur deutschen Minderheit; meine Oma väterlicherseits stammt aus einer polnischen Familie aus Domażyr bei Lemberg in der heutigen Ukraine. Meine Oma mütterlicherseits und mein Opa väterlicherseits hingegen kommen aus dem heutigen Ostpolen. Während meines Studiums interessierte ich mich mehr für Polen und die polnische Seite meiner Familie. Jetzt beschäftige ich mich mehr mit der deutschen Minderheit in Polen. Ich habe mich in meiner Masterarbeit mit der Sprach(en)-Politik in Polen und der Ukraine beschäftigt, bei der auch Deutsch als Minderheitensprache thematisiert wurde. Jetzt erlebe ich hier direkt, wie die deutsche Minderheit in Polen lebt.

Beate Tur (links) organisierte den Fotowettbewerb “(Post)Deutsch. Wiedergewonnen” mit einer Ausstellung von Olga Żmijewska der Stiftung Kunst der Freiheit (i. d. Mitte) gemeinsam mit dem Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen, vertreten durch Bogna Piter (rechts).
Quelle: Radio Opole/Witold Sułek

Und wie hast Du die Ausschreibung des ifa für die Stelle als Kulturmanagerin beim VdG gefunden? Kanntest Du das ifa schon vorher?

Ich kannte das ifa vorher nicht, obwohl ich aus Heilbronn bin, was nicht weit von Stuttgart entfernt ist. Ich habe online nach Stellen gesucht und die Ausschreibung zufällig gefunden. Vielleicht war es auch Schicksal. (lacht)

Wie sieht Dein Arbeitsalltag als Kulturmanagerin beim VDG aus?

Mein Arbeitsalltag besteht aus viel Büroarbeit. Es gibt Phasen, in denen ich Projektanträge schreibe oder Projekte durchführe, was bedeutet, dass ich mehr unterwegs bin. Mit der „Supereule“, der Bildungsplattform der deutschen Minderheit in Polen, verbringe ich viel Zeit am PC, um die Seite zu pflegen. Ich komme auch viel herum, um andere Projekte zu unterstützen. Am Anfang habe ich mich auf Sprachworkshops in den DFKs und Schulen konzentriert, um alles kennenzulernen und Deutsch als Minderheitensprache zu fördern.

Ein Highlight meiner Arbeit war der Fotowettbewerb zum Thema (Post)Deutsch im letzten Herbst, der im DAZ stattfand. In dem Rahmen fand auch ein Workshop mit Olga Żmijewska von der Stiftung Kunst der Freiheit statt. Der Wettbewerb war eigentlich für Jugendliche gedacht, aber entwickelte sich dann generationenübergreifend. Ich fand es besonders schön, dass bei der Diskussion sowohl die jüngeren als auch die älteren Menschen ihre Sicht dargelegt und ihre Perspektiven geteilt haben. Es war wirklich eine angenehme Diskussion, auch wenn man vielleicht anderer Meinung war oder eine andere Sicht hatte, war es nicht emotional aufgeladen, sondern man hat sich eben ausgetauscht. Es waren zum Beispiel auch eine Mutter und ihr Sohn da, die aus der Ukraine stammen und die wegen des Krieges geflohen sind und jetzt beide auch in Oppeln studieren. Sie haben auch nochmal eine andere Perspektive hereingebracht, die man aber auch damit vergleichen kann, was mit der deutschen Zivilbevölkerung aus der Region nach dem Krieg passiert ist. Dadurch haben sich das Gestern und Heute ergänzt. Ich habe mich auch sehr gefreut, dass alle so eine positive Rückmeldung gegeben haben. Das ist schön, wenn man überlegt: wofür mache ich das alles eigentlich? Wenn dann die Leute sagen: ich habe einen Mehrwert für mich mitgenommen, so verleiht das der Arbeit, bei all dem Stress, den man bei den Vorbereitungen hat, auf jeden Fall einen Sinn.

Aber auch das Mint-Projekt „Über-Schlesien“, das ich mit Johannes Schmidt, meinem ifa-Kollegen beim Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz, und einer 8. Klasse entwickelt und durchgeführt habe. Dabei haben die SchülerInnen ein Mint-Projekt mit der deutschen Sprache verbunden und einen Wetterballon in die Atmosphäre geschickt. Sie bauten eine Sonde mit einem Gerät, das Temperatur, Luftdruck, Temperatur, etc. misst, einem GPS-Gerät und einer Kamera für Aufnahmen vom Flug. Und das alles auf Deutsch. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so ein Projekt auf die Beine stellen würde. Den SchülerInnen hat es viel Spaß gemacht und sie waren auch emotional involviert, dass alles klappt bei dem Experiment. Dieses Projekt war eine große Herausforderung, aber am Ende war es erfolgreich und auch hier die Mühe wert.

Das ist eine schöne Sache. Da Du das Thema (Post)Deutsch bereits angesprochen hast; ich finde es auch spannend, wie das ‚Deutsche‘ und das ‚Polnische‘ in Schlesien koexistieren. Wie erlebst Du den interkulturellen Austausch zwischen der deutschen Minderheit und der polnischen Gesellschaft?

Als ich hierherkam, war das Thema der Diskriminierung unter der PiS-Regierung aktuell, bei der Deutsch als Minderheitensprache gekürzt wurde. Und man hat schon diese anti-deutsche Rhetorik gemerkt, von der die deutsche Minderheit sehr stark betroffen ist.

Ich habe aber auch das Gefühl, dass es mehr Potenzial für einen Austausch zwischen der deutschen Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft gibt. Zum Beispiel durch Bekannte weiß ich, dass viele Polen, die in Oppeln leben, keine Berührungspunkte mit der deutschen Minderheit haben, obwohl Oppeln als Hauptstadt der deutschen Minderheit gilt. Die deutsche Minderheit ist zwar einerseits präsent, lebt aber auch ein bisschen in ihrer eigenen „Bubble“. Ich habe beispielsweise versucht, mit einem Pubquiz auch die Mehrheitsgesellschaft zu erreichen, was gut ankam. Da haben die Leute dann mitbekommen, dass es die deutsche Minderheit gibt und waren auch an derartigen Veranstaltungen interessiert.

„Interkultureller Austausch ist der Schlüssel für ein Europa, das mehr verbindet als trennt.“

Es gibt jedoch auch Menschen, die nach Jahren der Diskriminierung und anti-deutschen Rhetorik durch die Politik wenig Interesse an Kontakten haben. Ich persönlich erlebe zwar keine Feindseligkeit gegenüber den Deutschen im Alltag, aber ich würde mir mehr Austausch mit der Mehrheitsgesellschaft wünschen, dass man auch zeigt, es sind keine Geheimagenten der Bundesrepublik, sondern Menschen, die eben diesen Hintergrund haben und die ihre Kultur und Sprache pflegen möchten.

Die Zivilbevölkerung, die nach dem Krieg hiergeblieben ist, wurde polonisiert. Mein Großvater erlebte das persönlich, als er in die Schule kam und plötzlich einen anderen Namen bekam. Er musste Polnisch erst erlernen, da Deutsch seine Familiensprache war. Als er später nach Deutschland zurückkehrte, musste er dann erstmal Deutsch wieder lernen.

Es wäre wichtig, dass sich die deutsche Minderheit im Kontext der Minderheiten in Polen stärker präsentiert. Es gibt schließlich auch andere Minderheiten. Das Thema Minderheiten ist in Polen jedoch nicht sehr präsent oder vielen bewusst. Der Kommunismus trug dazu bei, indem er eine homogene Gesellschaft propagierte und z. B. behauptete, es gäbe keine Deutschen mehr. Dies führte dazu, dass Dialekte und Minderheitensprachen zugunsten des Hochpolnischen zurückgedrängt bis ganz verboten wurden.

Die gesamte Gesellschaft wurde davon beeinflusst, und es fehlt das Bewusstsein für die Vielfalt der Minderheiten und Sprachen. Eine positive Entwicklung ist jedoch beispielsweise, dass letztes Jahr das Institut für sprachliche Vielfalt (Instytut Różnorodności Językowej Rzeczypospolitej) gegründet wurde, das staatlich unterstützt wird. Es fördert die sprachliche Vielfalt im Allgemeinen, was auf jeden Fall auch der deutschen Minderheit zugutekommt.

Welche Herausforderungen begegnen Dir bei Deiner Arbeit?

Im Bildungsbereich sind die Folgen der Diskriminierung bzgl. Deutsch als Minderheitensprache vor allem für die Lehrkräfte eine Herausforderung, d. h. die Stundenkürzungen. Manche Gemeinden finanzierten zusätzliche Stunden, andere nicht. Das macht es nun schwierig, ein gleichmäßiges Sprachniveau in den Schulen zu erreichen.

Außerdem scheint Deutsch auch nicht mehr „cool“ zu sein und die SchülerInnen wählen in den Oberschulen vermehrt Spanisch statt weiter Deutsch zu lernen.

Ansonsten gibt es natürlich stressige Phasen und Herausforderungen beim Projektmanagement, die man meistern muss. Da ist das Team beim VdG eine sehr große Hilfe, mit seinen Erfahrungen und seinem Netzwerk. Mit der Zeit – ich bin bereits in meinem dritten Jahr hier – baut man sich selbst ein eigenes Netzwerk auf, sammelt Erfahrungen und kann dann auch anderen ifa-Entsandten – in Oppeln sind wir mit der Regionalkoordination immerhin 5 Personen – helfen und unterstützen.

Beim Mint-Projekt „Über-Schlesien“ konnten Schülerinnen und Schüler Physik hautnah und spielerisch erleben – und als Highlight einen Wetterballon in die Höhen der Atmosphäre starten lassen.
Quelle: Beate Tur

Apropos, Du bist nun bereits im dritten Entsendejahr, sprich schon mehr als zwei Jahre in Oppeln. Welche Ziele möchtest Du noch mit Deiner Arbeit erreichen oder hast Du schon alles geschafft, was Du erreichen wolltest?

Natürlich hat man immer die Hoffnung, dass die eigene Arbeit etwas bewirken kann und positive Effekte hat. Das ist aber schwer einzuschätzen. Ich denke aber schon, dass die Summe der Arbeit der ifa-Entsandten sicherlich eine Bereicherung und große Unterstützung für die deutsche Minderheit in Polen ist.

Im Kontext auch anderer Minderheiten ist es mir für die Zukunft wichtig, ein positives Bild der deutschen Minderheit in der polnischen Gesellschaft zu verbreiten; dass Deutsch ein besseres Image hat und nicht nur mit Krieg assoziiert wird und Deutschland und „die Deutschen“ mehr sind als die Nazi-Vergangenheit und der Zweite Weltkrieg. Aber auch, welche kulturelle Vielfalt Polen zu bieten hat, und die deutsche Minderheit ist eben auch ein Teil davon.

Aber man muss auch sagen: Viele Deutsche interessieren sich wenig für das, was östlich von Deutschland liegt, und haben auch zum Teil negative Bilder davon. Ich bin in einem freien Europa aufgewachsen und nahm während meiner Schulzeit beispielsweise an einem europäischen Comeniusprojekt „We live, learn and work together“ teil. Das hat mich sicher auch geprägt, weshalb mir der Frieden, (kultureller) Austausch und Zusammenarbeit auf europäischer Ebene so sehr am Herzen liegen. Leider sehen wir gerade, dass das bedroht ist. Und das sollte man nicht aus den Augen verlieren: friedlich zusammenzuleben und andere Perspektiven kennenzulernen. Aber das zu erhalten, ist eben auch mit Arbeit und Mühe verbunden. Man sollte sich bewusst sein und Interesse daran haben, wer die Nachbarn sind, sowohl auf Länder- als auch auf lokaler Ebene.

Du hast bereits angesprochen, dass viele Menschen in Deutschland den Blick gen Osten vernachlässigen, obwohl es dort natürlich auch schöne Orte, gutes Essen und vor allem kulturelle Vielfalt gibt. Das ifa-Entsendeprogramm konzentriert sich auf Osteuropa und Zentralasien. Warum würdest Du sagen, sollte man als ifa-KulturmanagerIn tätig werden? Was ist das Sinnvolle oder Wichtige daran?

Wir Entsandten vermitteln in unseren Entsendeländern und Gastinstitutionen ein modernes Deutschlandbild und bringen unsere Perspektiven von außen ein. Viele von uns haben familiäre oder studienbedingte Verbindungen zu Osteuropa. Aber auch, wenn jemand ohne Vorkenntnisse kommt, ist es eine persönliche Bereicherung, die Realität und eine Auslandsperspektive zu erleben. Und diese Bereicherung gilt eben für beide Seiten. Jede Entsendestelle hat einen anderen Schwerpunkt, ob Jugend, Bildung, oder Medien. Das ist natürlich auch spannend, in welchem Bereich man fachliche Erfahrungen sammeln möchte.

Für die deutsche Minderheit ist es wichtig, dass sie von Deutschland nicht vergessen wird und dass sich Deutschland für ihre Belange interessiert. Mind_Netz, die Social-Media-Kanäle über deutsche Minderheiten in Osteuropa und Zentralasien des ifa, sind dabei ein wichtiges Tor nach Deutschland, um sich zu präsentieren, da viele in Deutschland wenig Bezug zu Osteuropa haben und der deutschen Minderheit im Ausland haben. So können unsere Gastinstitutionen zeigen, was sie sowie wir Entsandten hier vor Ort leisten.

Auch privat ein Team – die ifa-Entsandten unternehmen ebenfalls in ihrer Freizeit gemeinsame Reisen. V. rechts: Lennard Halfmann (Prag), Beate Tur, Johannes Schmidt (Gleiwitz), Ilyas Zivana (Prag), Miriam Mähner (Oppeln) und Victoria Matuschek (Oppeln).
Quelle: Beate Tur

Bei Projekten freue ich mich immer über den Austausch und wenn die Teilnehmenden sich mehr solcher Projekte wünschen, dann ist das immer ein super Feedback. Natürlich ist auch immer die Frage, wie viele Leute man erreicht: Aber egal wie klein auch die Gruppe ist, wenn man einen kleinen Fortschritt sieht und einen Mehrwert bei diesen Menschen schafft, weil sie das annehmen und dann auch selbst weiter nach außen tragen, was man versucht zu vermitteln, ist das sehr wert- und sinnvoll.

Kannst Du auch relativ frei Projekte und Themen, die Dir wichtig sind, umsetzen?

Ja, mir wird schon oft freie Hand gelassen, auch zum Beispiel bei der Gestaltung der Webseite der „Supereule“. Natürlich gibt es einen Rahmen, auch vom ifa, das heißt, man muss einen Weg finden, eigene Ideen mit den Vorstellungen aller Seiten in Einklang zu bringen. Manchmal muss man Dinge ausprobieren und schauen, ob sie überhaupt auf Anklang stoßen, da nicht jede Idee für die Zielgruppe geeignet ist. Es ist spannend, das alles unter einen Hut zu bringen, und man lernt immer dazu. Jedes Projekt ist anders, man sammelt Erfahrungen, wie etwas ankommt oder was man beim nächsten Mal anders machen sollte.

Letzte Frage: Welcher Ort ist Dein Lieblingsort in der Gegend?

Pakosławice/Bösdorf bei Neisse/Nysa. Da ist mein Vater aufgewachsen und meine Oma hat dort bis zu ihrem Tod 2015 gelebt. Bei schönem Wetter fahre ich oft dorthin, auch mit KollegInnen oder FreundInnen. Wir grillen und verbringen dort auch mal ein Wochenende zusammen. Es ist schön, wenn der Ort dann wieder etwas belebter ist und, dass es auch menschlich zwischen uns Entsandten stimmt, dass wir auch in der Freizeit Zeit miteinander verbringen. Wir sind verschiedene Persönlichkeiten, aber harmonieren super zusammen. Und das wünsche ich mir auch mehr für Polen, Deutschland und Europa.

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