Mehr als 200.000 Menschen versammelten sich am Sonntagabend im Zentrum von Tel Aviv und forderten lautstark die Freilassung der Hamas-Geiseln sowie ein Ende des Gaza-Kriegs. Die Demonstranten blockierten bereits am Morgen zahlreiche Straßen im ganzen Land, darunter eine zentrale Schnellstraße zwischen Tel Aviv und Jerusalem.
Das Forum der Geiselangehörigen hatte für Sonntag zu einem landesweiten Streik aufgerufen, um das Land «lahmzulegen». Zahlreiche Unternehmen und Kommunen schlossen sich als Solidaritätsbekundung an, auch die beiden großen Theater in Tel Aviv stoppten ihre Aufführungen. Mehr als 30 Menschen wurden festgenommen, in Jerusalem setzten die Behörden Wasserwerfer gegen Demonstranten ein.
Verzweifelte Appelle der Angehörigen
Besonders emotional wurde es, als Einav Zangauker vor der Menge sprach. Ihr Sohn Matan ist eine von nur noch 20 lebenden Geiseln im Gazastreifen. «Die israelische Regierung unternahm nie einen ernsthaften Versuch, die Geiseln durch ein umfassendes Abkommen freizubekommen», sagte sie. «Sie machte aus dem am meisten gerechtfertigten Krieg einen falschen.»
Die Tante von Alon Ohel, der auch deutscher Staatsbürger ist, flehte um Hilfe für ihren Neffen: «Unser Alon befindet sich vierzig Meter unter der Erde. Er ist in Ketten gefesselt, schwer verwundet und verliert wahrscheinlich sein Augenlicht. Er leidet unter schweren Kopfverletzungen und Splittern im ganzen Körper, und er ist allein. Er ist hungrig, ihm ist heiß, und er ringt nach Atem. Er schwebt in unmittelbarer Lebensgefahr - rettet ihn!»
Bei einer Kundgebung am Vorabend hatte erstmals auch die Schwester eines nepalesischen Agrarstudenten gesprochen, der beim Hamas-Massaker verschleppt worden war. Seit zwei Jahren habe man kein Lebenszeichen von ihm erhalten, sagte sie unter Tränen.
Mehrere ehemalige Hamas-Geiseln, die während einer Waffenruhe freigekommen waren, hielten ein Spruchband mit der Aufschrift «Bringt sie jetzt heim!» hoch. Auch die israelische Hollywood-Schauspielerin Gal Gadot traf auf dem Platz Geisel-Angehörige und tröstete die Ehefrau einer Geisel.
Netanjahu kritisiert Proteste scharf
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies die Forderungen der Demonstranten zurück. «Diejenigen, die heute ein Ende des Krieges fordern, ohne die Hamas zu besiegen, verhärten nicht nur die Haltung der Hamas und verzögern die Freilassung unserer Geiseln, sondern stellen auch sicher, dass sich die Schrecken des 7. Oktober immer wiederholen werden und unsere Söhne und Töchter immer wieder in einem endlosen Krieg kämpfen müssen», sagte er bei einer Kabinettssitzung.
Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich nannte die Protestaktionen eine «schlechte und schädliche Kampagne, die der Hamas in die Hände spielt». Der mächtige Gewerkschafts-Dachverband Histadrut schloss sich dem Streik zwar nicht an, äußerte aber Verständnis für den Schritt.
Staatspräsident Izchak Herzog besuchte den Platz im Tel Aviver Stadtzentrum und forderte internationale Entscheidungsträger auf, Druck auf die Hamas auszuüben. «Ich will der Welt sagen: Hört auf mit der Heuchelei!», sagte er.
Regierung plant Kriegsausweitung
Trotz der massiven Proteste bereitet die Regierung eine Ausweitung des Gaza-Kriegs vor. Ziel ist die Einnahme der Stadt Gaza sowie weiterer Teile des Küstenstreifens. Generalstabschef Ejal Zamir kündigte bei einem Truppenbesuch an, die Schläge gegen die Hamas zu verstärken «bis zu ihrer entscheidenden Niederlage».
Israel bereitet bereits die Umsiedlung von Zivilisten vor. Die Militärbehörde Cogat teilte mit, die Lieferung von Zelten und Ausstattung für Unterkünfte werde wieder aufgenommen. Dies sei Teil der Vorbereitung zur Evakuierung der Bevölkerung aus Kampfgebieten.
Seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 wurden rund 1.200 Israelis getötet und mehr als 250 als Geiseln verschleppt. Von ursprünglich 50 Verschleppten sind nach israelischen Informationen nur noch 20 am Leben. Im Gazastreifen wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde fast 62.000 Palästinenser getötet.
Verwendete Quellen: "DPA", "t-online", "Spiegel", "Zeit", "Tagesschau"
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