Eine neue Studie der Harvard T. H. Chan School of Public Health stellt eine weit verbreitete Annahme in Frage: Die Wahrscheinlichkeit für das Geschlecht eines Kindes hängt nicht nur vom Zufall ab. Forscher fanden heraus, dass Eltern mit bislang ausschließlich weiblichen oder männlichen Nachkommen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, ein weiteres Kind desselben Geschlechts zu zeugen.
Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass die Chance für einen Jungen oder ein Mädchen bei etwa 50:50 liegt. Diese Annahme basierte darauf, dass im männlichen Körper Spermien mit X- oder Y-Chromosom in gleicher Anzahl produziert werden. Die Geschlechtsbestimmung schien so unvorhersagbar wie ein Münzwurf.
Alter der Mutter spielt entscheidende Rolle
Die Forscher werteten Aufzeichnungen und genomweite Assoziationsdaten von etwa 58.000 Frauen mit zwei oder mehr Lebendgeburten aus dem Zeitraum 1956 bis 2015 aus. Insgesamt flossen Informationen zu rund 146.000 Schwangerschaften in die Analyse ein. Die Daten stammen zu 95 Prozent von weißen Frauen, allesamt Krankenschwestern aus den USA.
Das Ergebnis zeigt: Das Alter und die Genetik der Mütter beeinflussen die Wahrscheinlichkeit gleichgeschlechtlicher Nachkommen. Je älter die Mutter bei der ersten Geburt ist, desto größer sind die Chancen, nur Jungs oder nur Mädchen zur Welt zu bringen.
Konkrete Zahlen überraschen Wissenschaftler
Die Wahrscheinlichkeit, nach drei Jungen noch einen vierten Jungen zu bekommen, lag bei 61 Prozent. In Familien mit drei Mädchen bestand laut den Berechnungen zu 58 Prozent die Chance, ein weiteres Mädchen zu bekommen. Diese Werte weichen deutlich von der erwarteten 50:50-Verteilung ab.
Den Forschern zufolge können sich mit steigendem Alter unterschiedliche Faktoren im Mutterleib verändern. So könne sich etwa die Reifephase der Follikel in den Eierstöcken verkürzen, was nach der Befruchtung eher ein Überleben der Y-Chromosomen fördere.
Weitere Forschung notwendig
Umgekehrt könne ein saurer pH-Wert in der Vagina eher X-Chromosomen begünstigen. «Jede Frau kann mit zunehmendem Alter eine andere Veranlagung für jeden dieser Faktoren haben», erläutern die Forscher. Diese Mechanismen bleiben jedoch spekulativ und bedürfen weiterer Untersuchungen.
Die Autoren räumen ein, dass detailliertere Daten für eine Bestätigung ihrer Erkenntnisse nötig seien. Zudem betonen sie: «Es ist wahrscheinlich, dass es auch väterliche Faktoren gibt, die wir nicht berücksichtigt haben.» Die Studie wurde im Fachjournal «Science Advances» veröffentlicht.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.