Goldener Löwe für Jarmusch - Gaza-Film sorgt für Tränen

upday.com 3 godzin temu
Jim Jarmusch holte den Hauptpreis der Filmfestspiele. Scott A Garfitt/Invision/AP/dpa

Der Hauptpreis für einen zutiefst kunstvollen, leisen Film, die zweitwichtigste Auszeichnung für politisches Überwältigungskino: Die Gewinner des Filmfests Venedig zeugen vom Spannungsfeld, in dem sich die Kunst gerade bewegt. US-Regisseur Jim Jarmusch erhielt den Goldenen Löwen für «Father Mother Sister Brother», einen Episodenfilm über Familiendynamiken.

Den Großen Preis der Jury gewann die Tunesierin Kaouther Ben Hania für «The Voice of Hind Rajab», ein Dokudrama über ein getötetes palästinensisches Mädchen. Jury-Vorsitzender Alexander Payne begründete die Entscheidung emotional: «Das waren die beiden Filme, die uns am meisten bewegt haben. Es waren die beiden Filme, die uns, offen gesagt, zu Tränen gerührt haben.»

Jarmuschs poetische Familiengeschichte

In drei Episoden widmet sich «Father Mother Sister Brother» den komplexen Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern sowie der Sprachlosigkeit, die dabei oft herrscht. Formal bis ins Detail durchdacht, überzeugte der Episodenfilm die Jury mit cleveren, subtilen Beobachtungen.

Gesten, Blicke und Pausen verraten mehr über die Beziehungen der Familienmitglieder, als Worte es könnten. Zur Besetzung gehören Cate Blanchett, Tom Waits, Adam Driver, Charlotte Rampling und Vicky Krieps. «Die Art und Weise, wie du die Dinge verstehst, hat eine ganz eigene Beseeltheit und Poesie», sagte Blanchett zu Jarmusch vor der Premiere.

Kontroverse um palästinensisches Dokudrama

Ben Hanias «The Voice of Hind Rajab» ist ein teils dokumentarischer, teils fiktionaler Film über die letzten Momente im Leben des palästinensischen Mädchens Hind Rajab im Gazastreifen. Es starb im Januar 2024 bei der Flucht seiner Familie aus der Stadt Gaza. Der Film sowie mehrere unabhängige Untersuchungen legen nahe, dass Hind Rajab und Teile ihrer Familie von israelischen Streitkräften getötet wurden, was Israels Militär bestreitet.

Das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 als Auslöser des Gaza-Krieges spielt im Film keine Rolle. Zentrales Element ist ein nach Angaben der Regisseurin echter Audiomitschnitt: Das Mädchen telefonierte rund drei Stunden lang immer wieder mit Freiwilligen des Palästinensischen Roten Halbmonds und flehte um Hilfe, während es im bereits beschossenen Wagen zwischen getöteten Familienmitgliedern festsaß.

Emotionale Überwältigung versus Filmkritik

Das Publikum hört im Film die echte Hind Rajab - verwirrt, verzweifelt und immer wieder um Hilfe flehend. Zwischendurch schallen Schüsse aus der rauschenden Aufnahme, bis Hind letztlich verstummt. Das erschüttert viele Zuschauer nachhaltig: Einige weinen, als sie den Kinosaal verlassen.

Der Film erhielt die längsten stehenden Ovationen des Festivals, nach der Premiere schwenkten Menschen im Kinosaal palästinensische Flaggen. Manche sprachen jedoch auch von Kalkül und emotionaler Geiselnahme - dem Gefühl, das halb dokumentarische Werk nicht nach filmkritischen Maßstäben bewerten zu können.

Politische Botschaften auf der Preisverleihung

Beide Hauptpreisträger trugen bei der Preisverleihung Anstecker mit der Aufschrift «Enough» als Bezug auf den Gaza-Krieg. Ben Hania sagte in ihrer Rede: «Ich fordere ein Ende dieser unerträglichen Situation. Genug ist genug.» Sie warf der israelischen Regierung vor, einen Völkermord zu begehen.

Mehrere andere Filmschaffende, darunter Indya Moore aus Jarmuschs Film, hatten während des Festivals in ähnlicher Richtung argumentiert. Den Genozid-Vorwurf weisen Israel und die deutsche Regierung zurück. Der Regiepreis ging an den jüdischen Filmemacher Benny Safdie für «The Smashing Machine».

Plädoyer für Empathie und Zwischentöne

Jarmusch betonte bei der Preisverleihung die verbindende Kraft der Kunst. Diese könne «Verbundenheit zwischen uns erzeugen, was tatsächlich der erste Schritt zur Lösung unserer Probleme ist», sagte der 72-Jährige. Safdie hatte zuvor erklärt: «Empathie ist heute wichtiger denn je. Ich denke, das ist etwas, worum wir uns alle bemühen sollten.»

Auf die Frage, ob sein Film in Israel gezeigt werden solle, antwortete Jarmusch differenziert. Nicht mit Geld der israelischen Regierung, aber: «Es gibt wunderbare Menschen in Israel, mit starkem Geist, die ich liebe. Ich mag es nicht, zu verallgemeinern.» Diese Haltung der Zwischentöne präge auch seinen Gewinnerfilm, wie Moore treffend formulierte: «Es sind einfach nur Menschen.»

(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.

Idź do oryginalnego materiału