Die afrikanische Gesundheitsbehörde Africa CDC schlug in ihrem Briefing dieser Woche Alarm: Cholera-Ausbrüche auf dem Kontinent werden nicht nur aus immer mehr Ländern gemeldet, sie werden auch tödlicher. Derzeit sind 23 Länder betroffen.
Die Sterblichkeitsrate der bislang 205.000 in diesem Jahr verzeichneten Fälle liegt bei 2,1 Prozent, so Ngashi Ngongo, oberster CDC-Krisenbeauftragter für die Reaktion auf Krankheitsausbrüche. Im vergangenen Jahr seien es 1,9 Prozent gewesen. Doch das sind Durchschnittszahlen - wenn die Bedingungen vor Ort schlecht sind, kann die Sterblichkeit drastisch höher sein.
Ärmste Bevölkerung besonders betroffen
Cholera wird durch Bakterien verursacht und verbreitet sich vor allem durch verunreinigtes Wasser. Die Betroffenen leiden unter wässrigen Durchfällen, Todesfälle gehen vor allem auf massive Dehydrierung zurück. Meist trifft es die Schwächsten und die Ärmsten - Menschen, die unter beengten Verhältnissen und ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser in den Slums der Großstädte oder in vernachlässigten ländlichen Regionen leben, oft unterernährt und mit geschwächtem Immunsystem.
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte, dass mit Beginn der Regenzeit in West- und Zentralafrika mehr als 80.000 Kinder einem hohen Cholera-Risiko ausgesetzt seien. Wenn dann die typischen Sturzregen alles überschwemmen, gelangen Fäkalien aus Latrinen in Brunnen und Flüsse, aus denen viele Menschen ihr Wasser schöpfen.
Mangelnde Infrastruktur verschärft Krise
Die CDC kritisierte kürzlich, dass mangelnde Investitionen in sanitäre Infrastruktur zum Anstieg der Cholera-Ausbrüche beitragen. So haben im Südsudan, einem der besonders betroffenen Länder, nur 16 Prozent der Bevölkerung Zugang zu sanitären Anlagen. Im Sudan haben nur 35 Prozent der Einwohner Zugang zu sauberem Wasser.
CDC-Generaldirektor Jean Kaseya kritisierte bei einem Treffen mit afrikanischen Staatschefs die Unterversorgung mit Cholera-Impfstoffen. Auf dem Kontinent würden jährlich 54 Millionen Impfdosen benötigt, doch nur die Hälfte sei zu bekommen: «Diese Lücke ist inakzeptabel.»
Dramatische Lage in Konfliktgebieten
Dramatisch ist die Situation vor allem dort, wo Konflikte und eine schlechte Sicherheitslage die Arbeit von Helfern erschweren und gefährlich machen. Im Ostkongo sind mehrere Millionen Menschen auf der Flucht vor den Angriffen verschiedener Milizen. Im Sudan tobt seit April 2023 ein blutiger Machtkampf, mehr als zwölf Millionen Menschen sind vor den Kämpfen geflohen.
Alarmierende Zustände werden vor allem aus der Region Nord Darfur gemeldet, in der zudem nach UN-Angaben eine Hungersnot droht. Schon jetzt gebe es dort 4.300 Cholera-Fälle, so das UN-Flüchtlingshilfswerk. Auch in Tawila, wohin rund 370.000 Menschen nach dem Angriff der Miliz RSF auf das Flüchtlingscamp Samsam geflohen sind, steigt die Zahl der Fälle. Mitarbeiter vor Ort berichten von katastrophalen hygienischen Bedingungen - es fehlt an Latrinen, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung.
«Zu schwach zum Überleben»
«Die Menschen sterben, weil sie zu schwach zum Überleben sind», zitiert eine Hilfsorganisation einen nach Tawila geflüchteten Mann namens Samir. «Menschen schlafen auf der Straße, ohne Zelt oder Schutz vor Regen - und die Regenzeit hat gerade erst angefangen. Es wird noch viel schlimmer werden.»
Die Zeit drängt umso mehr, weil viele Flüchtlinge stark unterernährt sind und Hilfsgüter nur aus dem benachbarten Tschad in tagelanger Fahrt nach Tawila gebracht werden können. Falls sie dort überhaupt ankommen und nicht an den zahlreichen Straßensperren von Milizen beschlagnahmt werden. Ist die Regenzeit erst in vollem Gang, dürften die Straßen durch das Gebirgsmassiv Dschebel Marra wochenlang unpassierbar sein.
Kritische Infrastruktur zusammengebrochen
In Regionen wie Darfur, Süd-Kordofan und Blauer Nil, wo 80 Prozent der Krankenhäuser geschlossen und über 60 Prozent der Wasseraufbereitungsanlagen außer Betrieb sind, sei eine effektive Reaktion auf die Krise kaum noch möglich, warnte die Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger. In der Demokratischen Republik Kongo gibt es nach Angaben des Gesundheitsministeriums bereits fast 1.000 Cholera-Tote.
Der Tropenmediziner Maximilian Gertler von der Berliner Charité war vor wenigen Wochen für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in der Provinz Tshopo im Nordosten des riesigen Landes, wo die Cholera im März ausbrach. Gertler berichtet von einer «unfassbar hohen» Sterblichkeitsrate von 20 bis 30 Prozent in der frühen Phase des Ausbruchs, bis zur Intervention der Hilfsteams.
Erfolgreiche Behandlung braucht Ressourcen
Vor Ort habe es an allem gefehlt, auch an Desinfektionsmitteln für verunreinigtes Wasser. Angesichts der schlechten Infrastruktur der Region müsse medizinisches Material oder Chlor über den Kongo und seine Seitenflüsse transportiert werden. Doch dann lasse sich die Sterblichkeitsrate sehr schnell unter ein Prozent senken.
Das Beispiel zeigt, dass es erfolgreiche Strategien gegen Cholera gibt - nötig sind die Mittel dafür, etwa Impfstoffe oder Verbesserungen der Hygiene. Doch gibt es zunehmend Finanzlücken. «Jetzt sieht man auch ganz deutlich, dass Partner wegbrechen, die bisher so was finanziert haben», sagte Gertler der Deutschen Presse-Agentur mit Blick etwa auf die von der US-Regierung gestoppte Arbeit der Entwicklungshilfe-Behörde USAID. «Was da auf die Menschen zukommt, wird man wahrscheinlich erst in den nächsten Monaten sehen.»
(dpa/Berlin) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.